wohnzimmerspionage #6

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fotos: felix liebig, 7. oktober 2011

schattentheater unter’m himmel vom pieschen. dieser spaziergang war merkwürdig und reichhaltig zugleich.

unterm himmel von berlin, nein, „der himmel über berlin“ kennt vielleicht jemand: hier ein beitrag bei wikipedia. in dem film geht es um zwischenwelten, um unsichtbares, um ganz reales und das poetische moment, das alles irgendwo zwischen den zeilen verbindet. der held spaziert durch das geteilte berlin und „kommt irgendwann an“.

nun gut. vielleicht auch hier? in pieschen?

dort sind schon viele angekommen. zunächst gab es erst still und dann doch vernehmlich musik und gesang und lesung in der krautwaldfabrik. zur einstimmung. (ich selbst hatte vorher noch im gewusel vor der scheune gesessen und genoss die ruhe.) nachdem dann sachte alle spione beisammen waren – immerhin fast zehn – wurden wir uns bei einem kurzen, für mich eher unüblichen, einführungsgespräch einig, dass der aprikosengarten ein ziel sein könnte. der weg begann mit erleuchteten atelierfenstern im vorderhaus der fabrik und einem kurzzeitig sichtbaren mond hinter wolken, kirche und bäumen – schuwuh.

was uns begegnete hatte dann mit aprikosen weniger zu tun als mit licht und schatten. dafür fanden wir unzählige menschen auf fenstersimsen und balkons, vernehmliche einzugsfeiern usw. auch entdeckten wir den einen oder anderen hinterhof mit gar eigentümlichen bauten und verschlungenen treppen. ebenso staunten wir vor der gründerzeitlichen baukunst im gegensatz zur heutigen hilfslosigkeit einiger baumeister und diskutierten mögliche gründe dafür. in der leisniger straße wurde uns dann klar, dass wohnen ja doch mitunter nur das stapeln von schachteln ist, aber letztlich ja jede wohnung in sich ein unikat sei.

zwischendurch fragten wir uns, was für ein haus das auf der leisniger straße 37/38 sei mit seinen anklängen einer architektur des stadtbaurates hans erlwein. leider fand ich nichts vernünftiges dazu. aber verschwommene bilder von der atmosphäre vor ort berichten, was datenbanken nicht können: das wohnen ist intim und nur wage erkennbar. es bleibt bei den menschen. trotz streetview und spionen. aber allein die wage vorstellung, das (hoffentlich) poetische suchen nach interpretation dessen, was wir in den zeilen der stadtstraßen lesen, das kopfkino der spione, „erzählt“ viel mehr wissen als tausend fakten.

wir hatten gerade zu spaß an hinterhöfen und (tief)garageneinfahrten und den fundstücken am wegesrand. es dauert ja immer eine zeit, bis die sinne geschärft sind für unmerkliches, beiläufiges. belohnt wurden wir mit dem einen oder anderen ausblick in den trödel des wohnalltages (damit auch wirklich jede wohnung ein unikat wird!), schattenspielen auf wänden, eindringlichen textbeiträgen von verwaltern und bewohnern zur situation vor dem haus und einem fensterbrett mit echten folklorekassetten zum mitnehmen (z.b. „brotzeitpolka“). der wirt einer kneipe bot für später getränke an. ob es dazu kam, weiß ich nicht…

das letzte, was ich weiß: wir landeten statt dessen auf dem heimweg zur fabrik noch bei der galerieeröffnung der künstler aus der torgauer straße 22. dort gab es bier und strammen max. herrlich. fast wie zuhause. dazu fotografie und malerei der beiden inhaber (die ja eigentlich der anlass waren) und schon war der abend rum. die bilder waren anspruchsvoller als diejenigen, die wir in einigen wohnzimmer auskundschafteten, aber wer will das schon bewerten?

was ich noch weiß: für mich war es auf eine weise die erste richtige, echte wohnzimmerspionage, die von verhaltenen anfängen zu einer eigenen dynamik des spazierens gefunden hat. am 4. november versuchen wir deshalb den herbst und vielleicht auch den winter „durchzuspionieren“. denn kalt war es und naß, was die meisten zu meiner freude keineswegs störte. irgendwas muss ja passiert sein…

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